
Bei Volkswagen wird seit einigen Monaten über die Nutzung von Standorten für Rüstungsproduktion spekuliert. Befeuert wurde die Diskussion durch einen Besuch des Rheinmetall-Vorstandsvorsitzenden Armin Papperger bei Volkswagen Osnabrück. Er beschrieb das Werk danach für Rüstungsproduktion als “sehr geeignet“. Auch VW-Vorstandsvorsitzender Oliver Blume sagte gegenüber dem ZDF, man müsse die Produktion von Militärfahrzeugen prüfen. VW hat immerhin eine lange Tradition in diesem Geschäftsfeld – die erste Großserie war nicht der “Käfer” (Stückzahl bis Kriegsende Mai 1945: 630 Einheiten), sondern die militärische Version “Kübelwagen” (Stückzahl aller Versionen bis Kriegsende: über 66.000)…
Die neue Bundesregierung beschreibt in ihrem Koalitionsvertrag das strategische Ziel, die Rüstungsindustrie zu stärken, um Deutschland bis 2029 “kriegstüchtig“ zu machen: “In der Stahl- und Automobilindustrie stehen wir vor enormen strukturellen Herausforderungen. Gleichzeitig muss die Verteidigungsindustrie sehr zügig und im großen Maßstab skalierbar wachsen. Wir prüfen daher, wie die Umrüstung und Ertüchtigung vorhandener Werke für die Bedarfe der Verteidigungsindustrie unterstützt werden können.“
(Tod-)sichere Arbeitsplätze
Wenn deutsche Industrieunternehmen Arbeitsplätze vernichten, dann scheint in einer so unsicheren Zeit die Rüstungsindustrie für uns Arbeitende eine legitime Alternative zu werden. Immerhin gibt es dort gutes Geld und einen relativ “sicheren” Arbeitsplatz. Denn aktuell tut auch deutsche Politik alles dafür, die angespannte Weltlage durch weitere Aufrüstungspolitik zu befeuern. Trotzdem sollten wir uns vor Augen führen, welche Konsequenzen dieser Weg für uns hat:
Der Plan, zwei oder sogar fünf Prozent des BIP (also ca. die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts!) für Rüstung auszugeben, lässt im Bundeshaushalt keinen Spielraum mehr für ein gutes Bildungssystem, gute Gesundheitsversorgung und ein gutes Sozialsystem. Die Ambitionen Deutschlands, durch Aufrüstung wieder ein internationaler Big Player zu werden, führen zu einer weiteren Eskalation militärischer Konflikte. Als Standorte der Rüstungsproduktion würde uns das im “Ernstfall” der enormen Gefahr aussetzen, Angriffsziel zu werden.
Aktuell sehen manche Kolleg*innen Chancen in dieser Um-Rüstung. Doch ist es tatsächlich egal, ob wir nützliche Dinge für die Gesellschaft produzieren oder zerstörerische? Gerade jetzt müssen wir über zivile Produktalternativen diskutieren und für eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich kämpfen, um dem Abbau der Arbeitsplätze etwas entgegenzusetzen.
Das Thema Rüstung kommt auch innerhalb der IG Metall zu kurz. Wenn wir morgen nicht vor der Entscheidung stehen wollen, arbeitslos zu sein oder Kriegsgerät zu produzieren, müssen wir diese Diskussion jetzt in der Gewerkschaft führen.