VW
"Volkswagen, vor zwei Jahrzehnten noch ein Sanierungsfall ist zum Star der Autoindustrie aufgestiegen. Im ersten Halbjahr 2011 verdiente VW fast soviel wie im Gesamtjahr 2010.
Eine Doppelspitze vollbrachte das Wunder: der Erfinder Piech und sein Manager Winterkorn." (Handelsblatt v. 29.7.2011). Ohne die Rolle von fähigen Managern klein reden zu wollen, fragen wir - frei nach Brecht- (Fragen eines lesenden Arbeiters): Haben die Herren Piech und Winterkorn selbst die Autos, Anlagen und Fabriken konstruiert, geplant und schließlich gebaut? Oder waren da nicht weltweit hunderttausende Beschäftigte beteiligt?
Sie alle haben am "Wunder" mitgewirkt. Es wäre an der Zeit, dass auch sie vom Erfolg(6,5 Mrd. Gewinn nach Steuern im 1. Halbjahr) profitieren.
Wir wissen, diese Verhältnisse sind nicht auf VW beschränkt und es gibt weitaus schlimmere. Sie sind kapitalistische Realität Europa- und Weltweit. Sie sind Folgen des internationalen Konkurrenzkampfes und auch nur in nationalen und internationalen Klassenkämpfen zu beseitigen.
Aber ein Konzern der "Wunder" vollbringt, der aufgrund der jahrzehntelangen Reallohnverluste der Beschäftigten in Deutschland zu den Exportweltmeistern gehört, dem kann auch etwas zugemutet werden. Die Übernahme von 2200 Leiharbeitern (von 9000) in diesem Jahr ist dem Druck des Betriebsrates geschuldet.
Die Gewerkschaften haben die Themen Leiharbeit, Übernahme, prekäre Beschäftigung auf ihrer Agenda. Aber wäre es nicht an der Zeit den Druck auf Unternehmer und Gesetzgeber zu erhöhen? Und könnten nicht die erfolgreichen und gut organisierten Betriebe dabei Vorreiter sein?
Fragen wie diese müssen in der gewerkschaftlichen und politischen Diskussion eine stärkere Rolle spielen um die Beschäftigten in den Kampf zu führen und diesen erfolgreich werden zu lassen!
Betriebsrat
Bis 2018 oder schon früher will Volkswagen weltgrößter Autokonzern werden. Weltbesster Arbeitgeber sei man schon heute, tönt es dazu selbstbewusst aus Vorstandskreisen. Doch schaut man mal genauer hin, besonders jenseits der deutschen Grenzen, kommen einem schnell Zweifel.
Beispiel USA: Im neuen VW-Werk Chattanooga gibt es keine Gewerkschaft, die Löhne aushandelt. "Gewerkschafter vor der Tür" schreiben dazu die Wolfsburger Nachrichten (WN,2.8.11). Die Folgen sind für die US-KollegInnen mehr als übel. "Im Vergleich zu Daimler und BMW, aber auch zu den japanischen Rivalen Toyota und Honda zahlt Volkswagen in seiner neuen Autofabrik in Chattanooga, USA, deutlich niedrigere Löhne. Arbeiter verdienen zunächst 14,50 Dollar = 10,40 Euro pro Stunde, über drei Jahre steigt der Lohn dann bis auf 19,50 Dollar = 13,90 Euro. Für den Konzern kostet eine Arbeitsstunde damit nach Berechnungen des Center for Automotive Research in Michigan inklusive Lohnnebenkosten lediglich rund 30 Dollar. Bei Toyota, BMW und Daimler liegt dieser Wert bei rund 50 Dollar, bei Ford und General Motors in Michigan sogar noch höher" (aus Financial Times Deutschland vom 27.7.11). Bei den Löhnen kein Wunder, wenn das Management das Nordamerika-Volumen von Golf und Tiguan künftig dort bauen lassen will.
Es wird Zeit, dass IGM und Weltbetriebsrat die US-Autogewerkschaft UAW unterstüzen und einen Betriebsrat wählen, damit auch in Chattanooga die "Charta der Arbeitsbeziehungen" durchgesetzt wird.
Beispiel Indien: Im Juni haben in der Suzuki-Fabrik in Gurgaon/Indien 2000 Arbeiter für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und für die Zulassung ihrer Gewerkschaft gestreikt. Teile der Fabrik wurden von den Arbeitern besetzt. Nach 2 Wochen hat die Polizei die Fabrik gestürmt und den Streik beendet. 11 Arbeitervertreter wurden während des Streiks gefeuert und die Arbeiter erhielten eine Straf-Lohnkürzung von zwei Tagen Lohn pro Streiktag.
VW ist an Suzuki mit 19,9% beteiligt. Der VW-Konzern hofft durch die Beteiligung vor allem von der überragenden Marktposition Suzukis in Indien zu profitieren. Da beherrscht Suzuki über seine Tochter Maruti-Suzuki fast 50 % des indischen Auto-Marktes für Kleinwagen. Von einem mäßigenden Einfluß von VW auf Suzuki bei dem Vorgehen gegen die Arbeiter ist nichts bekannt geworden. Ab wieviel Prozent Beteiligung wird eigentlich die "Charta der Arbeitsbeziehungen" wirksam, die freie gewerkschaftliche Betätigung garantiert?
Kommentar
In der Waschkaue, vor der Schicht, gings nach dem Urlaub schon hoch her:
"Jetzt macht der Betriebsrat ne Umfrage, jeder kriegt n'en Brief nach Hause." — "Was soll denn das bringen? Jedes Jahr das Stimmungsbarometer vom Unternehmen. Da geht es mit viel Druck nur darum, die Beteiligung zu erhöhen. Dass sich was geändert hat, hab ich noch nicht gemerkt" — " Wenn niemand die wirklichen Probleme reinschreibt, kann es ja nicht gehen!"
— "Die IGM hat doch auch vor nicht allzu langer Zeit ne Umfrage zum "Guten Leben" gemacht. Die Ergebnisse haben sie präsentiert, aber hat uns das was gebracht? Ich muss noch mehr Überstunden machen!"
— "Ich fand das Fotoprojekt in Braunschweig gut. Die sind jetzt mit dem Betriebsrat hinterher, dass die beanstandeten Punkte auch abgearbeitet werden." - "Da wo sich die Kollegen selbst dahinter klemmen, passiert auch was, hat mir mein Schwager erzählt, aber das dauert alles viel zu lang!"
- "Ich wär ja schon zufrieden, wenn die Beschwerden, die ich als Vertrauensmann vorbringe, nicht immer gleich abgebügelt würden." Stimmt, ein funktionierender Vertrauenskörper und ein Betriebsrat, der die Meinungs- und Willensbildung von unten nach oben auch will, zusammen mit selbstbewußten Beschäftigten, die ihre Sache selbst in die Hand nehmen, das brauchen wir.
Allerdings muss VW auch gezwungen werden, den nötigen Freiraum zu gewähren. Vertrauensleute, die nicht zu den Infos kommen, weil Personalmangel und Zeitdruck herrscht, oder ihre Kolleginnen und Kollegen nur in Einzelbeatmung am Band oder im Büro "informieren" können sind kontraproduktiv. Nur Weitergabe von Informationen von oben nach unten, das reicht nicht. Engagement erwächst aus der kollektiven Diskussion und Willensbildung. Die muss gewährleistet und zum kontinuierlichen Prozess werden. Das würde einige Umfragen überflüssig machen!
Warnung vor PKW-Überkapazitäten
Weltweit schrauben derzeit alle Kfz-Hersteller ihre Kapazitäten nach oben, besonders in China. Als wenn der Boom ewig weiter geht.
Auch VW will seine Produktions-Kapazität in China bis 2018 mindestens verdoppeln. Dabei warnte die Zeitung "China Economic News" bereits im April, der chinesische Automarkt werde sich bis zum Ende des staatlichen Fünfjahresplans 2015 auf eine Kapazitätsblase von 50 Mio. Fahrzeuge aufblasen.
Das Ministerium für Information und Industrie (MIIT) allerdings hält in seiner eigenen Prognose bis 2015 im besten Fall die Hälfte davon für in China verkaufbar. "Insgesamt revidieren Experten die Prognose für den Welt-Pkw-Markt im kommenden Jahr deutlich nach unten", schreibt das Handelsblatt, 15.8.11. Und weiter: "Das CAR Center glaubt aber nicht, dass Asien die Rückgänge auf Märkten wie Nordamerika und Europa 2012 noch überkompensieren könne".
Wenn der chinesische Markt die Autos dann nicht mehr aufnimmt, werden sie dann weltweit exportiert? Was passiert dann mit den deutschen und europäischen Belegschaften? Noch mehr Lohndruck, noch mehr Flexibilisierung, noch mehr Leiharbeit?
Bezahlung
Die Dax-30-Vorstände erhöhten sich ihre Bezüge um 525.000 Euro (+ 21,96%) auf jetzt 2,915 Millionen Gesamtvergütung (fixe Barvergütung plus Boni, Prämien und Tantiemen). Die Vorstandsbosse strichen fast das Doppelte ein: 4,537 Millionen Euro im Durchschnitt. Ebenfalls plus 22% (21,6%).
Spitzenreiter sind hier Martin Winterkorn (VW) 9,33 Millionen, Josef Ackermann 8,99 Mio., Siemens-Chef Löscher 8,98 Mio. und Daimler-Boss Zetsche 8,82 Mio. Euro. Die Zunahme der Vorstandsgehälter ist damit genau zehnmal so hoch wie die Lohnerhöhungen der abhängig Beschäftigten im vergangenen Jahr. Denn die Bruttolöhne stiegen 2010 gerade mal um 2,2%.
Und die Steuern???
Wahrscheinlich zahlen diese Herren prozentual noch weniger Steuern, als manche VW-Beschäftigte. (Der US-Multimilliardär Warren Buffet machte auf den Skandal aufmerksam, dass er weniger Steuern zahle als seine Mitarbeiter!) Im übrigen ist auch der Steuersatz den das Unternehmen VW bezahlt denkbar niedrig: ganze 20%! (von 8,2 Milliarden blieben nach Steuern 6,5 Mrd. übrig)
Kurz
Die Belgische Gewerkschaft CSC ruft zur Solidarität mit den fast 8 Millionen Niedrigverdienern in Deutschland auf: ""Das deutsche Wunder? Heinrich verdient 4,81 Euro die Stunde. Helft Heinrich. Laßt Europa nicht dem deutschen Beispiel folgen", so der Slogan (www.helpheinrich.de).
"Die deutsche Autoindustrie arbeitet mit Hochdruck daran, sich um einen Milliardenbetrag an Fördergeldern für die Elektromobilität zu bewerben. Wer die besten Vorschläge unterbreitet, erhält den größten Anteil des Subventionsprogramms der Bundesregierung" meldete die Unternehmerblatt FAZ am 16. August. Dabei können die Autokonzerne vor Profiten kaum mehr laufen. "Die Autoindustrie hat sich ihre Subventionen selbst ausgerechnet", sagte dazu Regine Günther vom Umweltschutzverband WWF. "Der internationale Konkurrenzkampf wird damit nur auf ein neues Spielfeld verlagert. Mit Ökologie hat das wenig zu tun", so Frau Günther weiter. (Handelsblatt vom 16.5.11)
Die Zahl der Drogentoten 2010: BRD 1331; EU 8838; USA 17256; Kuba Null! "Das ist doch der eindeutige Beweis, dass es in Kuba keine Freiheit gibt", schreiben die bürgerlichen Zeitungen. Das ist die Freiheit, die sie meinen.
Für all diejenigen, die über den Fachkräftemangel schwadronieren, haben wir einen Vorschlag: Die Azubis freuen sich auf einen ausbildungsgerechten Einsatz nach Ende ihrer Ausbildung, sowie eine Förderung zur Weiterbildung. Das gilt erst recht für hunderte von JungfacharbeiterInnen, die gut ausgebildet in den verschiedensten Fertigungsbereichen auf eine Chance warten! Und wenn das nicht reicht, dann lassen sich Ausbildungszahlen auch noch erhöhen! In diesem Sinne ein "Herzliches Willkommen" an die neuen Auszubildenden!
"Die Firmen-Jets der Volkswagen AG warten zwar auf dem Flughafen Braunschweig startbereit auf die Top-Manager aus Wolfsburg, sind aber, wie schon das Luftfahrtzeichen VR-C verrät, über eine Tochterfirma in der Karibik registriert: auf den steuerfreien Kaimaninseln." (Aus: Bonner Generalanzeiger)
Wolfsburger Linke
Wolfsburg zählt zu den Städten mit dem bundesweit höchsten Durchschnittseinkommen. Dennoch ist jedes fünfte Kind in Wolfsburg durch Armut bedroht.
Auch in Wolfsburg müssen immer mehr Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, in Leiharbeit oder Mini-Jobs arbeiten. Immer mehr Menschen sind auf zusätzliche Versorgung durch die Tafeln und weitere soziale Einrichtungen angewiesen sind.
Das sind die Ergebnisse der neoliberalen Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte. CDU, FDP, SPD und Grüne, alle sind sie dafür verantwortlich, denn sie haben die Hartz IV-Gesetze gemeinsam beschlossen.
Dagegen tritt bei den Kommunalwahlen die Wolfsburger Linke, die Alternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit an.
Der Rote Käfer meint: Wolfsburger Linke, am 11. 9. die gute Wahl
Kommunalwahl 11. September
Mir ist wichtig, dass kommunale Dienstleistungen in öffentlicher Hand bleiben. Ich möchte, dass bereits privatisierte öffentliche Betriebe in kommunales Eigentum zurückgeführt werden.
Zum Beispiel blieben dann die 80 Mio. Euro Gewinn von BS-energy komplett in Braunschweig und würden nicht zu 3/4 an den Mutterkonzern Veolia überwiesen. Möglicherweise wäre der Gewinn einer städtischen Energiegesellschaft nicht so hoch, weil die Energiepreise für den Verbraucher niedriger und mehr Menschen bei BS-energy Arbeit hätten. Aber die erzielten Gewinne kämen allen Braunschweiger Bürgern zugute und nicht den Veolia-Aktionären. Die Weichenstellungen hin zu erneuerbaren Energien, weg vom Atomstrom und der Energieerzeugung mit fossilen Brennstoffen wären in einem demokratisch kontrollierten Unternehmen leichter.
Ebenso zurück in öffentliches Eigentum gehört die Abwasserentsorgung. Rückgängig gemacht werden muss der PPPVertrag über die Schulsanierung. Beide Privatisierungen nützen nur den Konzernen Veolia bzw. Hochtief, sie verschlechtern und verteuern ehemals öffentliche Aufgaben, vernichten Arbeitsplätze und hinterlassen der Stadt einen Schuldenberg.
Als aktiver Sportler, Trainer und Sportfunktionär ist mir noch eines wichtig: Die Zuschüsse an die Braunschweiger Sportvereine müssen erhöht, die Hallenmieten gesenkt werden. Die Sportvereine müssen finanziell so ausgestattet sein, dass kein Braunschweiger Bürger darüber nachdenken muss, ob er oder seine Kinder sich den Sport in einem Verein überhaupt leisten können. Unter diesen Voraussetzungen brauchen wir kein Almosenprogramm für arme Kinder - Kinder brauchen Rechte, keine Almosen!
Wie schon vor fünf Jahren kandidiere ich auf der Liste der BIBS für den Stadtrat. Die BIBS hat konsequent alle Privatisierungen abgelehnt. Das Engagement von Bürgerinitiativen ist unverzichtbar, es wirkt der Politikverdrossenheit entgegen - deshalb am 11. September BIBS wählen!
Werner Hensel
Werner Hensel kandidiert für die Bürgerinitiative Braunschweig auf Listenplatz 3 im Wahlbereich 12. 59 Jahre, Vater von drei Söhnen, Schriftsetzer