Mitarbeiterkapitalbeteiligung
Bei Opel und Daimler soll sie eingeführt werden, beim um Porsche erweiterten Branchenprimus VW ebenfalls: Die „Mitarbeiterkapitalbeteiligung„. Manch einer preist sie schon als neue Variante des „Modells Deutschland„.
Zunächst klingt die Forderung ganz vernünftig. Ist es doch eine Lehre aus der längst nicht überwundenen Wirtschaftskrise, dass Manager und Kapitalbesitzer trotz aller Lippenbekenntnisse nicht das Wohl ihrer „Mitarbeiter„, sondern nur die Profite im Sinn haben. Dass es Belegschaftsvertretern dagegen um den Erhalt der Standorte und Arbeitsplätze geht, ist eine Selbstverständlichkeit. Bei Opel und Mercedes geht es jedoch darum, Sonderopfer der Belegschaften nicht wie bisher nur gegen fragwürdige „Arbeitsplatzgarantien„ herzuschenken, sondern einen „Gegenwert„ in Form einer Unternehmensbeteiligung zu erlangen. Denn dass die Konzerne die Beteiligung für lau rüberreichen, glaubt wohl niemand. Bei Opel sollen die rund 25 000 Beschäftigten Einbußen von fast 1,5 Milliarden Euro hinnehmen — jedem einzelnen würden also fast 50 000 Euro genommen. Bei Daimler soll die Ergebnisbeteiligung von 2008, also 280 Millionen Euro, in eine Kapitalbeteiligung umgewandelt werden. Es ist also keineswegs eine Offensive in Sachen Mitbestimmung.
Und warum Kapitalbeteiligung bei VW?
Es gibt einen für uns plausiblen Grund. Mit einem Anteil von 5% würde zusammen mit dem 20,1%-Anteil der Landesregierung eine Sperrminorität auch dann erlangt, wenn das VW-Gesetz fallen würde. Also wiederum eine Verteidigungsposition, um Arbeitsplätze sicherer zu machen.
Kollege Osterloh erklärt kategorisch, die Belegschaft müsse „definitiv nicht„ auf Lohn verzichten. Wie der Erwerb der Anteile jedoch vonstatten gehen soll, sagt er bisher ebenso wenig wie IGM-Vorsitzender Huber. Müssen wir womöglich mit einer „Anrechnung„ bei künftigen Lohnerhöhungen rechnen? Am wichtigsten aber ist die Frage, ob uns mit der „Mitarbeiterkapitalbeteiligung„ eingeredet werden soll, das „Konzern-Wohl„ sei auch unser Wohl. Die vielen Fälle, in denen Konzerne trotz fetter Gewinne Stellen abbauen und Löhne kürzen, widerlegen das. Und auch fünf Prozent „geduldige Belegschafts-Ankeraktionäre„, wie IGM-Chef Huber sich gerne ausdrückt, heben nicht die kapitalistischen Gesetze auf, dessen wichtigstes lautet: Kapitalismus heißt Konkurrenz, Verdrängung des Schwächeren — immer! Sollen wir uns also freuen, wenn Opel pleite geht und als Konkurrent auf dem Automarkt verschwindet? Und sollen wir als „Mitbesitzer„ aufhören, für wirkliche Lösungen in unserem Sinne zu mobilisieren — zum Beispiel mit der Forderung nach drastischer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich in der gesamten Branche? Sollen wir aufhören, an Alternativen zu diesem kapitalistischen Wolfssystem auch nur zu denken? Viele Fragen — bisher keine Antworten!
Tarifrunde Volkswagen
Die Lohnquote (der Anteil der Löhne am Volkseinkommen) ist in Deutschland auf dem Rekordtief von 61% Selbst im Boom sanken die Reallöhne. In anderen europäischen Ländern sieht das anders aus! Im EU-Durchschnitt hatten die Arbeiter und Angestellten letztes Jahr 1,3% mehr Geld in der Tasche und 2007 sogar 3,6% gegenüber Deutschland —0,1 und +0,1%. Das ist der Preis für den „Exportweltmeister„ Deutschland! Darüberhinaus gibt es keine Mindestlöhne, dafür die Agenda 2010 mit Ausweitung von Leiharbeit und 400€-Jobs. Diese Entwicklung hat sich auch bei Volkswagen niedergeschlagen. Der einstige Lohnvorsprung gegenüber der Fläche geht gegen Null! Die letzte Tarifrunde in der Fläche mit ihrem niedrigen Ergebnis trug zur notwendigen Stärkung der Binnenkonjunktur nichts bei! Der Abschluss war bereits der einsetzenden Krise in der Automobil-und Zulieferindustrie geschuldet. Bei VW hielten sich die Verluste in Grenzen. VW schreibt schwarze Zahlen und konnte seine Marktanteile kräftig steigern.
Deshalb wollen wir unseren Anteil.
Die jährlichen Produktivitätssteigerungen von mehr als 10% gehen größtenteils auf unser Konto!
Warum sollten wir nur das Ergebnis der Fläche erreichen? Wir haben mit der unbezahlten Arbeitszeitverlängerung Sonderopfer gebracht und bringen mit Sonderschichten in WOB und 18 und 21 Schichten in Braunschweig weiter Opfer! Was die Forderungen nach Verlängerung der Altersteilzeit (ATZ) und der Fortschreibung der Ausbildungszahlen angeht:
VW braucht die Verlängerung der ATZ genauso wie qualifizierte Fachkräfte und eine Verjüngung der Belegschaft, die den gestiegenen Stress aushält. Deshalb muss VW auch dafür bezahlen!
Wichtig für uns wäre es, die Laufzeit des Tarifvertrages so zu gestalten, dass wir endlich wieder gemeinsam mit der Fläche kämpfen können und gemeinsam mehr herausholen. Seit Jahren nur die Ergebnisse von anderen vorgesetzt zu bekommen, ist nicht sehr motivierend.
Kein leistungsabhängiges Entgelt
Warum soll das, was schon bei den Managern nicht funktioniert, auf die Beschäftigten übertragen werden?? Das riecht nach Teile und Herrsche!
Solange Manager Firmen an den Rand des Ruins bringen können und dann noch 50 Mio Abfindung bekommen, hat die Belegschaft keinen Grund zu verzichten!
Wenn für die Übernahme von Porsche ca. 10 Milliarden € locker gemacht werden können, muss für die Beschäftigten, die diesen Gewinn erarbeitet haben, auch was drin sein! Deshalb darf es für eine
eventuelle Mitarbeiterbeteiligung keine Kompensation in der Tarifrunde oder danach geben!
Zitate
„Jede Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andre werde gepumptes Geld zurückzahlen. Tut er das nicht, so erfolgt eine sog. „Stützungsaktion„, bei der alle, bis auf den Staat, gut verdienen. Solche Pleite erkennt man daran, daß die Bevölkerung aufgefordert wird, Vertrauen zu haben. Weiter hat sie ja dann auch meist nichts mehr."
(Kurt Tucholsky, 1931)
Paris/Berlin: Das Einsperren von Managern durch wütende und mit Entlassung bedrohte Arbeiter hat in Frankreich inzwischen erfolgreiche Tradition. Eine Ausweitung dieser Praxis der Kommunikation zwischen Beschäftigten und Führungskräften soll nun auch auf gesamteuropäischer Ebene praktiziert werden.
Bedauerlicherweise ist in Deutschland auf Grund eines tragischen Übersetzungsfehlers vom Französischen ins Deutsche die Umsetzung bislang noch nicht gelungen. In Deutschland werden nach wie vor nicht die Manager von den Arbeitern eingesperrt, sondern die Arbeiter von den Managern ausgesperrt.
(W. Lutz/www.einheiztext.de)
Kommentar
„VW will Mitarbeiter künftig mehr nach Leistung bezahlen„, berichtet Karl von der Vertauensleutesitzung über die Gegenforderung des VW-Vorstandes in der jetzigen Tarifrunde.
„Toll, da sollten wir uns doch ein Beispiel an den Gehältern und Boni bei den Konzern- und Bankenlenkern nehmen„ schlägt Inge vor. „Wiedeking z. B: 70 oder 80 Millionen Euro hat er jedes Jahr dafür eingestrichen, dass er mit Schwindel und Betrug VW schlucken wollte. Und als klar war, dass er Porsche verzockt hatte, wurde er mit 50 Millionen „abgefunden„ — Leistung muss sich lohnen!„ äzt Axel.
„Und Wiedeking ist kein Einzelfall„ erklärt Karl „der Vorstandschef der HRE-Bank, die der Staat mit 100 Mrd Euro vor dem Bankrott rettete, hat eine halbe Million Sonderbonus als Anerkennung bekommen, die Chefs der vom Staat gestützten Banken WestLB und LBBW haben Millionen eingestrichen. Der Chef der HSH-Nordbank bekommt 2,9 Mio Sonderzahlung und 10% der HSH-Mitarbeiter, also das gesamte Mangement, bekommen „Halteprämien„ von bis zu 120.000 €, obwohl die Bank ohne die Steuergroschen pleite wäre. Und der letzte Arcandor-Chef bekommt nach 6 Monaten, in denen er nichts bewegte, 15 Mio Abfindung.„ „Beschäftigte, die Fehler machen, müssen, wenn sie grob fahrlässig handelten, mit Entlassung rechnen, Manager werden großzügig „abgefunden„, das ist doch der Skandal„ legt Inge nach!
Recht hat sie und wenn dann Bürger mehr Verteilungsgerechtigkeit fordern, schreien die Medien sofort „Sozialneid„. Wer hat ein Interesse daran, die Wut zu diffamieren, die darüber aufkommt? Es sind dieselben Lohnschreiber, die uns weismachen wollen, jeder Topmanager sei ein unersetzliches, unbezahlbares Einzelstück, weshalb wir ihre Millionenboni klaglos hinnehmen sollen. Andere wollen wenigstens die „gröbsten„Auswüchse durch Höchstgrenzen in der Bezahlung beschneiden. Das alles sollte uns nicht davon abhalten, das System in Frage stellen, das dazu führt, dass die einen im Geld schwimmen, immer mehr andere mit Hartz IV ihr Leben fristen müssen und der Rest aus Angst davor alles hinnimmt, was ihm zugemutet wird!
Meint Euer Fritz
VW Hannover
Im Streit um den Protest der Leiharbeiter hat VW Hannover vor Gericht eine Schlappe eingesteckt: Das Arbeitsgericht Hannover gab Mitte August der Klage von zehn Leiharbeitern statt, die im Konflikt um das Auslaufen ihrer Arbeitsverträge in den Hungerstreik getreten waren (Roter Käfer 6/2009 berichtete).
Zur Erinnerung: Zum Vertragsende 31. März kündigte VW 213 WOB-KollegInnen in Hannover, während z.B. in Wolfsburg neue Leiharbeiter eingestellt wurden. Mehrere Dutzend protestierten daraufhin mit Demos, Mahnwache und Hungerstreik. Erster Erfolg: 138 der Gekündigten erhielten eine Verlängerung in Wolfsburg und ein kleiner Teil in Hannover. Unter ihnen war allerdings keiner der Teilnehmer des Arbeitskampfes. VWN-Personalvorstand Jochen Schumm soll dies während des friedlichen Protestes vor den Werkstoren bereits mit den Worten angekündigt haben: „Bei VW werden Sie keine Zukunft haben. Wir möchten nicht mit Randalierern zusammenarbeiten„ (HAZ vom 11.8.)
In der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht hatte die VW-Anwältin behauptet, man habe die Klagenden telefonisch nicht erreicht. Eine Bemerkung, die sich als peinlich herausstellte. Denn wie das Gericht mitteilte, waren die Streikenden auf der Liste rot markiert und mit der Notiz „Nicht anrufen„ versehen. Richterin Bittens dazu wörtlich: „Die WOB AG hat bei der Auswahl gezielt diejenigen nicht weiterbeschäftigt, die gegen die Nichtverlängerung ihrer Verträge demonstriert hatten. Damit hat die Leiharbeitsfirma gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot verstoßen„ (HAZ vom 11.8.). Sieht so der „attraktivste Arbeitgeber Europas„ aus, von dem Personalchef H. Neumann oft und gerne redet?
LiebeKolleginnen und Kollegen,
seit 2005 vertrete ich als Abgeordnete der Linksfraktion die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Bundestag. Gewählt wurde ich über die Landesliste Niedersachsen, mein Wahlkreisbüro befindet sich in Wolfsburg. Nun stelle ich mich zur Wiederwahl: auf Platz 2 der Landesliste und diesmal auch als Direktkandidatin im Wahlkreis 52 Wolfsburg-Helmstedt. Schon in den letzten beiden Jahren habe ich als einzige Abgeordnete diesen Wahlkreis im Bundestag repräsentiert. Meine wichtigste Erfahrung aus den vier Jahre im Bundestag lautet: Dieses Land braucht eine starke linke Opposition! Im Parlament genauso wie in den Betrieben und auf der Straße. Den neoliberalen Zerstörern des Sozialstaats kann nur gemeinsam ein Stoppzeichen gesetzt werden. DIE LINKE kämpft für eine Politik, die den Interessen der Mehrheit in diesem Land entspricht. Dafür trete ich wieder an.
Nach dem Versuch des EUGH, das VW- Gesetz zu kippen, hat meine Fraktion im Bundestag gemeinsam mit Vertretern der IG Metall aus Wolfsburg einen Entwurf für ein neues VW- Gesetz erarbeitet und eingebracht. In dem Entwurf wurden die vom EUGH kritisierten Passagen so gefasst, dass die besonderen Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer gewahrt blieben. Mit dieser parlamentarischen Initiative gelang es uns, die große Koalition politisch so unter Druck zu setzen, dass schließlich auch die Bundesregierung ein neues VW- Gesetz auf den Weg brachte. Nun droht mit der Krise ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen nicht nur bei den Zulieferern, sondern auch in den Stammwerken. Ich werde in diesen Kämpfen auch weiter an der Seite der VW-Beschäftigten stehen.
Die LINKE kann als Oppositionspartei im Bundestag nur etwas erreichen, wenn ihre parlamentarischen Initiativen auch außerparlamentarisch getragen und von dem nötigen Druck auf der Straße begleitet werden. Das habe ich erlebt bei meinem Kampf gegen die Bahnprivatisierung, das zeigte sich bei der Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn, von dem alle anderen Parteien zunächst nichts wissen wollten und auch die Rente ab 67 werden wir nur gemeinsam wegbekommen. Dafür stehe ich.
Bildunterschrift: Dorothée Menzner begleitete Anfang September den Anti-Atom-Treck vier Tage lang auf dem Trecker der LINKEN
Protest
Im Bundestagswahlkampf treten die Neonazis der NPD immer frecher auf. Eine Provokation war die Gründung eines „KdF-Museumsvereins„ am 4. Juli in Wolfsburg durch NPD-Vize Rieger und ca. 100 seiner Anhänger.
In dem Möbelhaus direkt gegenüber dem Werk soll im „KdF-Museum„ die Nazizeit verherrlicht werden. Trotz Protest von 200 WolfsburgerInnen vor dem Möbelhaus konnte die Gründung des Museumsvereins nicht verhindert werden. Eine Verbotsverfügung der Stadt war vom OLG Lüneburg aufgehoben worden.
Die NPD will sich die Angst um den Arbeitsplatz, Enttäuschung über seit Jahren real sinkenden Einkommen trotz längerer Arbeitszeit und Wut auf einige korrupte SPD-Funktionäre zu Nutze machen und sich als (Wahl)Alternative für Arbeiter anbieten. Vergessen sollen wir, dass ihre historischen Vorbilder die Gewerkschaftshäuser stürmten und Arbeiter und ihre Sprecher totschlugen und ermordeten. So sollten mit dem Mord an 11 MIAG-Arbeitern am 4. Juli 1933 im Folterzentrum Rieseberg die Braunschweiger Arbeiter eingeschüchtert und vom Widerstand abgehalten werden. Die Nazis stahlen die Gewerkschaftsgelder und schenkten sie den Kapitalisten. Geld, mit dem 1938 auch das Volkswagenwerk in Braunschweig und Wolfsburg — damals Stadt des KdF-Wagens — aufgebaut wurde. Arbeiterrechte wurden abgeschafft, der Unternehmer wurde Betriebsführer und durfte absolut befehlen. Und schließlich schickten sie die Arbeiter in den Raubkrieg der Kapitalisten, der Millionen Tote forderte. In den Fabriken mussten sich dafür ZwangsarbeiterInnen und KZ-Häftlinge zu Tode schuften, völlig ohne Bezahlung.
An dieses Unternehmerparadies sollten wir denken, wenn die NPD sich zum Fürsprecher der Arbeiter aufschwingen will. Die Nazis sind damals und heute eine verlogene Schläger- und Mörderbande, die von den Kapitalisten für den „Notfall„ in Reserve gehalten wird. Sie gehören verboten wie es das Grundgesetz in Artikel 139 verlangt und wie es die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN fordert (www.npd-verbot-jetzt.de). Und solange die NPD und andere Neonazi-Parteien noch nicht verboten sind, darf ihnen bei Wahlen erst recht keine Stimme von ArbeiterInnen zukommen. Deswegen ruft das Wolfsburger „Bündnis gegen Rechts - Schulterschluss der Demokraten„ auch zu einer Großdemonstration gegen die braune Brut am 25.September auf.